Warum das Eherecht reformiert und Elternschaft aufgewertet werden muss!
Vorwort
Erfolgreiche Familienpolitik setzt, so heißt es im Familienbericht, mitten im Leben der Familien an – bei den konkreten Bedürfnissen und Herausforderungen, die sich für Familien und ihre Mitglieder im Alltag stellen.
Als ich vor vielen Jahren begann, mich mit dem Thema Familie zu beschäftigen, las ich Ratgeber, Berichte und Studien die plausibel erläuterten, dass der Wert der Familie unter der Jugend ungebrochen hoch ist und 90% der Bevölkerung in Familien leben. Man könne nicht von einem Zerfall der Familie sprechen, höchstens von einem Wandel, von einer Pluralisierung der Lebensformen.
Was sind die konkreten Bedürfnisse und Herausforderungen? Ist es nur die Sorge um Arbeit, Geld und wie man die Zeit und ihre Interessen am besten managt? Die Frage nach den konkreten Bedürfnissen und Herausforderungen, denen die Familien und Menschen im täglichen Leben gegenüber stehen, will sich dieser Bericht widmen.
Alternative Lebensformen zwischen Bereicherung und Negativ-Trend
Christiane F., berühmt geworden durch ihr Buch: „Die Kinder vom Bahnhof Zoo“, erzählt, wie tragisch und verrückt ihr Leben war. Zwischen Glamour und Obdachlosigkeit pendelnd, Männer sonder Zahl, mit vielen flüchtigen Begegnungen, zwischendurch einen Schuss Heroin, der den Schmerz betäubte. – „Es geht weiter, irgendwie geht es immer weiter“, sagt sie hastig und herausfordernd. Ihre todmüden Augen schaffen es für einen Moment hellwach zu wirken. Sie versucht Positives in ihrem beschädigten Leben zu finden. „Nehmt mich, wie ich bin“, fordert sie trotzig, „und zählt nicht meine Rückfälle!“ Der Preis für eine im Rausch verlebte Jugend ist hoch, Jahre voller Einsamkeit und immer das dumpfe Gefühl einer verpfuschten Existenz.
Sie ist eine von unzähligen Frauen, die selbstbestimmt ihren Lebensweg gegangen ist, jede Gelegenheit genützt und jede Versuchung ausgekostet hat. Sie ist ein Beispiel eines Lebensstils, der das eigene Ich, die eigenen Rechte, Bedürfnisse und Neigungen in den Mittelpunkt gestellt haben. Der Hintergrund – desolate Familienverhältnisse, zeitweise tröstete sie sich mit Literatur wie „Hundert Jahre Einsamkeit“ des fantastischen Realismus.
Eine ganze Generation lang wurde gegen Unterdrückung und Rollenzwang in der Ehe und Familie gekämpft und viele junge Menschen haben ihre besten Jahre dem Modell der freien Liebe geopfert. Nun wird die Ehe als erstrebenswerte Institution des privaten wie gesellschaftlichen Glücks gepriesen und steht gesellschaftspolitisch wieder hoch im Kurs, weil auch gleichgeschlechtliche Paare in ihren Hafen einlaufen wollen, den sie früher gemeinsam mit progressiv denkenden Heterosexuellen gescheut haben. Es gehe darum, Verantwortung füreinander und für vorhandene Kinder zu übernehmen, über den Tod des Partners hinaus, wird betont. In Zeiten der Hochkultur der freien Liebe wurde das Frei Sein von Verantwortung gepredigt. Nun ist Verantwortung in aller Munde, denn niemand will als verantwortungslos gelten.
Wer die Institution Ehe nicht mit gleichgeschlechtlichen Paaren teilen will, der lebt nach Meinung der, sich als fortschrittlich bezeichnenden Politiker in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts und verschließt die Augen vor der Realität oder hat nicht begriffen, dass es um eine Gerechtigkeitsfrage geht. Was bleibt vom besonderen Schutz und der besonderen Förderung von Ehe und Familie, wenn nichts mehr besonders sein darf, weil es ja um eine „Gerechtigkeitsfrage“ geht? Geht es tatsächlich um Gerechtigkeit oder nicht eher um individuelle, eigennützige Interessen weniger?
Die Problematik des Eherechts
Europäische Menschenrechtskonvention, Abschnitt I – Rechte und Freiheiten (Art. 2 – 18) Artikel 12, Recht auf Eheschließung: „Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen.“
Das österreichische Eherecht baut auf dem Prinzip einer partnerschaftlichen Ehe und der Gleichberechtigung beider Ehegatten auf. Konkret ist damit gemeint, dass beide Partner die gleichen persönlichen Rechte und Pflichten haben (§ 89 ABGB). Ehefähig sind Personen die nach § 1 das 18. Lebensjahr vollendet haben (Ehemündigkeit) und nach § 2 geschäftsfähig sind.
Das Grundgesetz geht vom Prinzip der Freiheit und Gleichheit aus, die Beziehungsfähigkeit und Verantwortung wird nur am Rande erwähnt. Beziehungsfähigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein sind jedoch Voraussetzungen für das Gelingen einer Ehe.
Allgemein wird angenommen, wenn der Mensch seine/n Partner/in frei wählen kann, würde sich daraus eine Verantwortungs- und Solidargemeinschaft entwickeln; dies ist jedoch reines Wunschdenken!
Friedrich Nitsche meinte: „Je freier, je autonomer ein Mensch ist, desto verantwortlicher wird er für seine Handlungen.“ Wie er zu dieser Annahme kam, sagte er nicht. Frauenministerin Heinisch-Hosek sagte in einem Interview: „Ehe hat mit heilig nix zu tun“. Sie pocht auf die „Ehe für alle“ und eine losere Alternative dazu, einer „Ehe light“. „Light“ ist eine Art des Denkens, ein Überbegriff für „leichte“ Autos, „leichte“ Kost, „leichte“ Mädchen und leichte Beziehungen. „Light“ steht somit für Unverbindlichkeit und Freiheit ohne Verantwortung. Ehe ist jedoch, entgegen der Meinung von Frau Heinisch-Hosek, für die Mehrzahl der Menschen äußerst wertvoll und eine besondere Bindung zu einem geliebten Menschen, also heilig.
Wenn eine Ehe so leicht einzugehen und so billig wie derzeit zu haben ist, wird ihre Bedeutung auf Ramsch-Niveau herabgestuft. Die Ehe wurde somit völlig entwertet und dient nur mehr dem persönlichen Vorteil und der eigenen Bedürfnisbefriedigung. Das Eheversprechen heißt zwar noch, „bis der Tod euch scheidet“, verstanden wird aber immer öfter, „bis ich einen Besseren gefunden habe“.
Eine Ehe ist naturgemäß mit Verantwortung und dem Ziel, Leben und Liebe zu vermehren und weiterzugeben, verbunden. Um eine Ehe erfolgreich zu führen und eine Familie zu gründen, ist eine Absichtserklärung und das entsprechende Alter zu wenig. „Zum Wesen der Ehe gehören auch die Treue und gegenseitiges Vertrauen, als Basis einer gelingenden Beziehung“, steht im Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch §§44 – 136 Eherecht. – Ob aber die Personen, die zu heiraten beabsichtigen, glauben, vertrauenswürdig, beziehungsfähig und verantwortungsbewusst zu sein, werden sie nicht gefragt. Mangelnde Reife ist der Hauptgrund, dass so viele Ehen scheitern und Familien zerbrechen. Wenn jemand eine Hochschule besuchen will, bedarf es bestimmter Qualifikationen und Voraussetzungen. Um eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, ist nur das entsprechende Alter gefordert.
Jeder hat das Recht auf Bildung, heißt es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Artikel 26). Bildung ist die Grundvoraussetzung für soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Das eigentliche Humanvermögen sagen Sozialwissenschaftler, bringt aber die Familie hervor. Deshalb ist die Familie die erste und wichtigste Schule des Lebens und der menschlichen Beziehungen. Wenn das Bildungsniveau über die wirtschaftliche Entwicklung entscheidet, so entscheidet das Beziehungsniveau in der Familie über die menschliche Entwicklung. Das Fehlen solcher Kriterien für Ehe hatte daher einen allgemeinen Niveauverlust zur Folge.
Gibt es für Ehe, Familie und zwischenmenschliches Zusammenleben wirklich keine allgemein gültigen moralisch/ethischen Standards?
Was im Schulsystem normal und eine Voraussetzung einer guten Schule ist, wird für das System Familie, der Grundschule des Lebens vehement abgelehnt – moralisch/ethische Standards als Grundlage des familiären und sozialen Miteinanders!
Die Gegner von verbindlichen ethisch/moralischen Standards meinen, dass der Lebensstil eines Menschen und die Ehe eine persönliche Entscheidung des Einzelnen sind und moralische Standards die freie Entfaltung einschränken. Damit eine Ehe aber erfolgreich wird, ist ein bestimmtes Maß an persönlicher Reife notwendig. Es ist allgemein bekannt, dass nirgendwo mehr als in Beziehungen und beim Thema Sexualität gelogen und betrogen wird. Was aber macht die Politik? Anstatt Pornografie als unmoralisches Verhalten und Sucht zu benennen wurde sie „entkriminalisiert“ und anstatt Unmoral und Untreue als Verletzung der Menschenwürde zu bezeichnen, wurden sie gesellschaftsfähig gemacht. Ein Seitensprung wird als originell mit einem gewissen Kick fürs Risiko, dargestellt. Sexualität wurde von Liebe entkoppelt und auf einen rein animalischen Trieb reduziert. Den Menschen wird eingeredet, dass zur gegenseitigen Befriedigung nur eine gegenseitige Einwilligung notwendig sei, wobei niemand nachfragt ob diese Übereinkunft ehrlich oder durch List und Manipulation zustande kam.
Die Soziale Kompetenz des Menschen wurde auf Fertigkeiten und Fähigkeiten (soft skills), wie Rhetorik, Schlagfertigkeit und das „richtige Gespür“ im Umgang mit anderen Menschen, reduziert. Der Haupttrend in der Philosophie ging in Richtung Kommunikationsfertigkeiten, positive Einstellungen, Machtstrategien und Patenttechniken zur Einflussnahme. Beziehungen wurden zu einer Sache des „Agreements“ der gegenseitigen Vereinbarung. Gewisse Aspekte dieser Philosophie sind deutlich manipulativ; Menschen werden ermutigt die Zuneigung anderer durch bestimmte Techniken zu erringen, indem sie Interesse vortäuschen oder den Machtblick einsetzen.
Jede menschliche Beziehung kann nur dauerhaft sein und wachsen, wenn sie auf dem Fundament von Vertrauen steht. Die Fähigkeit zu Vertrauen ist aber zu einem raren Gut geworden. Wenn es einen Menschen an Integrität und Charakterstärke mangelt, werden die wahren Motive einer Vereinbarung bald an die Oberfläche kommen. Vielen Menschen, die soziale Anerkennung für ihre Talente und Fähigkeiten genießen, fehlt es in ihrem Charakter oft an Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Dies führt zu Misstrauen und jede noch so gute Beziehungs- und Kommunikationstechnik wird für Manipulation gehalten.
Erziehungsexperten sind der Meinung, dass Erziehung in erster Linie pädagogische Fähigkeiten braucht. Charaktereigenschaften wie Integrität, Authentizität, Verantwortungsbewusstsein, Mut, Ehrlichkeit, Treue, Fleiß seien zweitrangig. Zudem seien diese nicht messbar und daher nicht relevant.
Das Niveau und die Kriterien für eine Ehe immer tiefer zu setzen, bedeutet daher, die Bürger zur menschlichen Inkompetenz zu erziehen und sie mit ihren persönlichen und familiären Herausforderungen im Regen stehen zu lassen.
Josef Gundacker