Impulsreferat zum Thema „Ehe für alle“
Ich habe mich in den vergangenen Jahren sehr intensiv mit dem Thema Ehe und Familie aus der Sicht der Menschenrechte, der Familienbilder in den Sozialwissenschaften, mit Ehe und Familie aus religiöser Sicht und der Psychologie & Bindungsforschung auseinandergesetzt.
Ich werde mich heute vorwiegend auf die Erkenntnisse der Psychologie und Bindungsforschung beziehen und drei Hauptgründe herausarbeiten, um zu zeigen, dass die Diskussion um die Ehe an den eigentlichen Sorgen und Problemen der Familien völlig vorbeigeht.
Wie ich bereits in dem vorliegenden Arbeitspapier „warum Rechtsgelehrte beim Eherecht unrecht haben“ ausgeführt habe, geht es bei der Diskussion um die „Ehe für alle“ nur am Rande um Homosexualität. Es geht in der Realität um zwei konträre Menschen- und Familienbilder.
In der humanistisch/materialistischen Sicht, ist der Mensch Körper und hat Geist. Er ist vorwiegend Egoist und sein Bestreben ist die Selbstverwirklichung und Erfüllung seiner Bedürfnisse und Wünsche. Das Recht auf Selbstbestimmung und auf Liebe sind sein Anliegen. Sein zentraler Wert ist das „Haben“, der Besitz. Der Mensch ist nach Siegmund Freud ein psychischer Apparat, der von seinen Gefühlen und Trieben gesteuert wird. Freud wollte deshalb hinter das Geheimnis der „Maschine Mensch“ kommen.
Aus der religiös/spirituellen Sichtweise ist der Mensch Geist und hat einen Körper. Er ist ein ewiges Wesen und Ebenbild Gottes. Seine Identität und Sinn findet er in der Beziehung zu seiner Familie und zum Ursprung. Der Mensch hat ein Bewusstsein und deshalb auch Freiheit und Verantwortung. Er findet Erfüllung im Leben für andere. Familie ist für ihn eine „Wir“ Erfahrung. Das Wohl des Ehepartners und der Kinder stehen im Vordergrund seines Denkens. Zentraler Wert ist das „Sein“, – dass was er ist. Die Beziehungen zur Familie sind ihm wichtig.
Ich bitte Sie, diese beiden unterschiedlichen Bilder bei den kommenden Ausführungen im Hinterkopf zu bewahren.
Damit komme ich zum ersten Grund: Handlungen und Folgen
Über Rechte, Selbstbestimmung und Diskriminierung durch die Gesellschaft zu reden ist heute ein Muss, um in der Politik mitreden zu können, über eigene und selbstbestimmte Fehlentscheidungen und Schuld zu reden, das geht gar nicht! Erst kürzlich habe ich auf meine Feststellung, dass selbstbestimmte Lebensstile oftmals destruktiv seien, die Antwort von einem Abgeordneten erhalten, „er könne beim „besten Willen“ keine „destruktiven Folgen bestimmter Lebensstile“ erkennen. Soziologen, Familienforscher, Rechtsgelehrte und Politiker wollen uns weismachen, dass jeder Lebensstil, den der Mensch wählt, richtig, gut und daher gleichwertig ist.
Die Grundlage ihrer Meinung bildet das Dogma von „Gleichheit ist Glück“. Es gibt unzählige Studien, die behaupten, dass die sozio-ökonomische Ungleichheit zwischen Mann und Frau das Problem darstellt. Ungleichheit und Diskriminierung beginnt schon im Kindergarten, wenn ein Mädchen gehindert wird, weil es so gerne ein Bub sein möchte. Bei der Bildung und Bildungschancen finden sich die nächsten Benachteiligungen, sie setzen sich fort im Berufsleben und der Frage, „was ist die Arbeit von Frauen wert?“ und natürlich bei der Höhe des Gehaltes. Jedes Jahr gibt es ja den Gender-Gap-Bericht.
Bezogen auf die Familie ist dann die wichtigste Frage, „wer kümmert sich um Haushalt und Familie?“. Wie wird die Hausarbeit gleich aufgeteilt, wer trägt den Abfall hinaus, wer wäscht. Diese Dinge werden oft zum Zankapfel, welche nicht selten in einer Scheidung enden. Haushalt wird oft als Belastung gesehen und Kinder ein Hindernis für die Karriere. Es geht also nur um sozio-ökonomische Fragen. Wie organisieren wir unsere vorhandenen Mittel und unsere Zeit. Selbst zu Zeit wird als Konsumgut betrachtet.
Wenden wir nun diese Gleichbehandlungsgesetze auf das menschliche Wesen, seinen Charakter, sein Verhalten und seine Beziehungen an, kommen wir direkt in des Teufels Küche. Warum? Jeder der Kinder hat, bzw. mit Menschen arbeitet, merkt bald, dass man Kinder nicht gleich behandeln kann, sondern sehr persönlich behandeln muss. Die Gender-Logik heißt, wenn jedes Kind gleich viel Geld zur Verfügung hat, ist jedes glücklich. Wenn Mann und Frau dieselben Chancen und Möglichkeiten haben und am besten aus einer Vielzahl von Angeboten wählen können, dann werden sie glücklich! Aber leider, diese Formel funktioniert im Leben nicht!
Die Gleichbehandlung funktioniert gar nicht, wenn es einem Menschen an tiefer Integrität und Charakterstärke mangelt. Einem Menschen, dem wir vertrauen können, werden wir anders behandeln als einem, dem wir nicht vertrauen. Einen respektvollen Menschen werden wir respektieren, einen respektlosen zurückweisen. Es liegt in der Natur des Menschen den Anderen nach seinem Charakter zu beurteilen. Der internationale Bindungsforscher und Entwicklungspsychologe Prof. Gordon Neufeld erklärt sehr anschaulich und sagt: „Für ein Kind zählt nicht das was seine Eltern sagen und tun, sondern wer sie sind – seine Eltern!
2. Grund: Missverständnis von Liebe
Immer wieder hört man die Forderung nach „Gleich viel Recht, für gleich viel Liebe“. Wenn man unter Liebe nur ein positives Gefühl und ein Konsumgut versteht, so ist dies nachvollziehbar. Dieses Verständnis widerspricht aber dem eigentlichen Wesen der Liebe. So viele Menschen denken, wenn eine Ehe zerbricht, geschieht dies wegen der unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse, die der andere nicht erfüllt habe. Dies ist ihre rationale Erklärung für die Trennung. „Es hat eben nicht gepasst!?“ Sie können nicht verstehen, dass der eigentliche Grund für die Trennung darin besteht, dass sie in ihre Beziehung nicht investiert haben. Sie sehnten sich nach Liebe, haben aber nie geliebt. Sie haben nie den Schritt vom ICH zum DU getan.
Liebe, die nicht auf Vertrauen gründet und dem Wohl des anderen dient, sondern der eigenen Befriedigung dient, führt sehr schnell zu bitterer Enttäuschung und zum völligen Vertrauensverlust. Einmal eine Affäre zu haben wurde gesellschaftsfähig! „Schatz, das tun doch alle, die Umstände waren schuld, da kann ich doch nichts dafür!?“- Dass ich dadurch die Beziehung und das Vertrauen förmlich zerstört habe, wollen wir nicht wahrhaben! Eine solche unsichere Beziehung kann mit einer auf Treue und Vertrauen gründenden Beziehung nicht verglichen und auch nicht gleichgestellt werden. Es ist modern geworden zu denken, man muss eine Beziehung ausprobieren. Ich vergleiche eine Ehe mit einem Fallschirmsprung. Ich kann nämlich einen Fallschirmsprung nicht ausprobieren, indem ich vom Dach meines Hauses herunterspringe!
3. Grund: Naturgesetze
Die Natur ist ein System, welches auf dem Gesetz der Ernte beruht. Man muss den Preis zahlen und dem Entwicklungsprozess folgen. Zu ernten gibt es nur das, was man gesät hat. Abkürzungen sind ausgeschlossen. Was würden Sie über einen Landwirt denken, der im Frühjahr seinem Hobby, sagen wir, Tennisspielen nachgeht, im Sommer Urlaub auf den Malediven macht, und im Herbst mit seinen Maschinen ausfährt um das Obst und Getreide einzubringen?
In gleicher Weise ist die Familie ein natürliches System, das dem Gesetz der Ernte folgt. Da ist einerseits das körperliche Wachstum eines Kindes bis hin zur Geschlechtsreife. Die Geschlechtsreife ist notwendig, um neues Leben zu empfangen. Und neues Leben entsteht nun mal aus einer sexuellen Beziehung zwischen Mann und Frau. Genauso wichtig wie die Geschlechtsreife ist die Reife der Persönlichkeit und des Charakters. Es ist nun mal Gesetz, dass wir Menschen zuerst kindliche Liebe erfahren müssen um die Liebe teilen zu können. Nicht umsonst sagt man die Familie ist eine Schule der Liebe.
Dazu kommt noch, dass wir keine stabilen Beziehungen werden aufbauen können, wenn mein Charakter Defizite und grundlegende Störungen aufweist, wenn ich doppelzüngig und unaufrichtig bin. Da hilft mir auch ein noch so positives Denken nichts.
Was denken sie von einem jungen Menschen, der, etwas überspitzt ausgedrückt, in seiner Jugend das Leben auf Partys verbringt, und nur mit seinen Freunden Zeit verbringt. Der sich wenig um die Familie kümmert und Frauen zum Spaß haben da sind. Mit 40, am Höhepunkt der Karriere will er dann eine Frau NEHMEN und heiraten und ein Kind HABEN. Dann kann er sich`s leisten und ein Kind ist dann keine Belastung mehr.
Unsere jungen Menschen werden ständig von den Medien mit den Botschaften bombardiert, „du sollst Spaß haben, Karriere machen und den Sex genießen. Und dann wundern wir uns noch, dass so viele Ehen zerbrechen, homosexuell orientierte Menschen die Torschlusspanik bekommen, dass sie kein Kind werden haben können.
Schlussfolgernd kann man sagen, eine unverbindliche Partnerschaft, egal ob homo- oder heterosexuell ist mit einer verbindlichen Ehe nicht gleich und auch nicht gleichstellbar. Wenn der Gesetzgeber trotzdem der Meinung ist, er müsse die Ehe für alle gleich machen, so kann ich mit Sicherheit sagen, dass dies an den eigentlichen Sorgen und Problemen der Menschen nichts ändert. Ich nenne dieses Gesetz daher einen Etikettenschwindel. Wenn der Gesetzgeber die Ehe für jeden „leistbar“ und zugänglich macht, indem zwei Menschen nur mehr ihre Absicht bekunden müssen um eine Ehe einzugehen, verliert sie vollständig ihren Wert.
Ich möchte mit einem Plädoyer für die Ehe enden. Eine Ehe ist die Eintrittskarte in die Hochschule des Lebens. Eine Ehe ist kein Konsumgut, auf das der Mensch Anspruch hat. Es ist ein Ort des Lernens, eine Bildungseinrichtung, eine Art Elite-Universität, wo wir herausgefordert werden zu lernen und zu wachsen. In einer Ehe können wir aber auch am meisten empfangen und die tiefste Form der Liebe erleben. Sie ist der Beginn für eine zukünftige Elternschaft, die den Ausgangspunkt für neues Leben bildet. Ehe ist ein Versprechen, das es einzulösen gilt und kein Recht, auf das jeder Anspruch hat.
Damit bedanke ich mich für ihre Aufmerksamkeit und möchte die Diskussion eröffnen.
Hinweis: Dieses Impulsreferat wurde von Josef Gundacker am 10. Okt. 2018 im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema: „Ehe für alle“ gehalten.