„Sexualpädagogik – Kompetenzvermittlung oder Übergriff?“ war das Thema einer hochkarätigen Veranstaltung im Theatersaal „Kunst im Prückel“ am Freitag den 29.04. Eingeladen von der Evangelischen Allianz Wien diskutierten Experten, Pädagogen, Eltern und Interessierte über die Sexualerziehung an unseren Schulen.
Mag. Suha Dejmek führte durch das Programm. Sie erklärte in ihrem Einleitungsstatement, dass die Sexualpädagogik ein bildungspolitischer Auftrag ist, der den Kindern als angestrebte Ziele eine „positive“ Haltung zur Sexualität vermitteln und der Gewalt- und Missbrauchsprävention dienen soll. Das Neue an Sexualpädagogik sei die Vernetzung von Wissen und Können. Dabei geht es nicht nur um Wissen und Informationen, sondern auch um die Entwicklung, Erweiterung und Differenzierung von sog. sexuellen Basiskompetenzen. Die körperlichen, kognitiven, sensorischen, kommunikativen und sozialen Kompetenzen sollen am besten interaktiv, gruppendynamisch und fächerübergreifend den Kindern und Jugendlichen vermittelt werden. Das Ziel dieser Veranstaltung sei es, über das Thema Sexualpädagogik zu informieren, aber auch unterschiedliche und konträre Perspektiven kennenzulernen, zuzuhören und einander besser zu verstehen.
Frau Dejmek stellte den ersten Redner, den Sozialwissenschaftler und Forschungskoordinator Dr. Olaf Kapella vor, der maßgeblich an den Standards der WHO für Sexualaufklärung in Europa mitgewirkt hat. Wird er die Vorwürfe von Kompetenzüberschreitungen bei Sexualpädagogischen Workshops an Schulen entkräften können? Dr. Kapella bemerkte in seinem Impulsreferat, dass die Sexualpädagogik in seinem Verständnis, über Themen der Sexualität und nicht von der Sexualität spricht. Beim Thema Sexualität gehe es über menschliche Grundbedürfnisse und nicht über Genitalität.
Dr. Christian Spaemann, Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, sprach in seinem Vortrag über die Sexualpädagogik der Vielfalt, die die Grundlage unserer Sexualpädagogik an unseren Schulen ist, und zur Genderideologie. Die Annahme der Sexualpädagogik der Vielfalt ist, dass Sexualität eine Lebensenergie ist, und sexuelle Bildung über die Weckung der Lustquellen geschieht. Dieses Verständnis der menschlichen Sexualität birgt die große Gefahr in sich, dass die Schamgrenzen des Kindes verletzt werden, indem die Kinder zur frühzeitigen Erkundung von sexuellen Neigungen, Praktiken und Lebensweisen angeregt werden. Die Kinder werden damit in die Sexualität der Erwachsenen eingeführt und Missbrauch durch diese paradoxe Intervention eher begünstigt als verhindert.
In der anschließenden Podiumsdiskussion kritisierte der Psychotherapeut Dr. Peter Stippl, dass Sexualität vielfach so dargestellt wird wie in einem leeren Beziehungsraum. Und er stellte fest, dass Erziehung durch Beziehung geschieht und die Eltern immer die ersten Ansprechpartner sind und bleiben sollen.
Frau Leni Kesselstatt von der Initiative wertvolle Sexualerziehung beklagte, dass bei sexualpädagogischen Workshops an Schulen Kindern gesagt wird, dass sie mit niemandem darüber sprechen dürfen, manchmal nicht mit den Lehrern, manchmal nicht mit den Eltern oder mit niemandem. Sie berichtete auch über mehrere Erfahrungen von Eltern aus unterschiedlichen Bundesländern und Schulen, wo Kindern übergriffige sexualpädagogische Inhalte vermittelt wurden. Den Kindern wurde u.a. erzählt, dass jede sexuelle Neigung normal sei und Pornofilme wie Actionfilme zu verstehen sind. Vorwiegend Volksschüler müssen mit Kondomen an Besenstilen, Sektgläsern oder Bananen hantieren bzw. üben und werden an den Schulen mit dem Thema „Geschlechtsverkehr“ teilweise sehr ausführlich konfrontiert. Dabei erfahren sie unter anderem, dass „die Frau das Glied vom Mann in den Mund steckt“ und Oralverkehr dazu gehört. Die Workshopleiter erklären gerne „bildlich“, wie das funktioniert (was eine Frau tut und was ein Mann tut) inklusive einer Aussage wie es schmeckt. Kinder müssten häufig auch sagen bzw. hinausschreien, was sie für Wörter im Zusammenhang mit Sexualität kennen. Da fallen dann gerne Wörter wie „bumsen“ und „ficken“ und sie würden auch darüber informiert werden, dass jede Art der Sexualität normal sei. Im Kindergarten wurde in einem Vortrag Eltern über die sexuelle Entwicklung ihrer Kinder erklärt, dass das gegenseitige Befummeln, Masturbieren bis zum Orgasmus sowie das Anfassen der Geschlechtsteile der Eltern zuzulassen sei. Die betroffenen Kinder seien nach diesen Workshops beschämt und würden sich über die Inhalte sehr ekeln.
Dr. Stippl plädierte dafür, dass angesichts dieser Vorfälle Familien als ein Netzwerk von Liebe und Vertrauen große Bedeutung zukommt. Er sprach sich zum Schluss, gemeinsam mit Dr. Kapella, für eine Verbesserung der Elternbildung aus. Dr. Kapella war angesichts der geschilderte Praxisbeispiele betroffen und betonte, dass die Professionalisierung der Pädagogen in diesem Bereich sehr wichtig sei und daher vorangetrieben werden müsse.
Frau Dejmek, die aus den WHO Standards für Sexualaufklärung in Europa zitierte und auch selbst einen Fall aus Salzburg vom letzten Februar schilderte, betonte zum Schluss, dass es jetzt sehr wichtig sei, im Sinne und zum Wohle unserer Kinder und Jugendlichen im Gespräch zu bleiben und an den aktuellen Sexualpädagogik-Konzepten in Österreich und den WHO Standards zu arbeiten. Denn wenn offensichtlich Theorie und Praxis so auseinanderklaffen, müsse man eine Überarbeitung der vorhandenen Methoden und Konzepte – neben einer besseren Ausbildung der Pädagogen und Lehrer – für diesen Bereich andenken und durchführen.
Bericht erstellt von Josef Gundacker