Warum wir ein Family-Mainstreaming brauchen
Vortrag von Josef Gundacker, 23. Sept. 2015
Einleitend möchte ich kurz auf die Kernproblematik in den Diskussionen über Familie und Politik eingehen.
Egal ob sie sich liberal, konservativ oder sozialistisch bezeichnen, in unser aufgeklärtes Denken und Menschenverständnis haben sich unbemerkt schwerwiegende Fehler eingeschlichen. Die Kriterien, ob Familie oder unsere geschäftlichen und privaten Beziehungen gelingen und wir im Beruf erfolgreich sind, werden heute nach äußeren, nutzenorientierten Maßstäben gemessen. Misserfolg im Beruf wird oft mit fehlender Bildung begründet. Wenn eine Partnerschaft in Brüche geht, sind wir an den falschen Partner geraten. Wenn wir über unsere Verhältnisse leben, sind die Gesellschaft, der Staat oder die Verhältnisse schuld.
1. Familie wird nur als Organisationsform verstanden, wobei sich Mann und Frau anscheinend nur durch Arbeit selbst verwirklichen können. Deshalb heißt das Ziel der Familienpolitik – Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie!
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal, Professor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien und Leiter des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) hat die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als den „Königsweg“ bezeichnet, damit Menschen ein annehmliches Familienleben leben können.
2. Mann und Frau sind Konkurrenten, (permanenter Machtkampf)
Die Ungleichheit von Mann und Frau wird als das größte Problem gesehen und daher ist die Gleichstellung das wichtigste politische Ziel.
Die Gleichstellung basiert auf dem Vorurteil, dass die Partnerbeziehungen nicht funktionieren, es besteht meist ein Abhängigkeitsverhältnis. Deshalb ist die Priorität der Gleichstellung, die Unabhängigkeit und wirtschaftliche Absicherung für Frau und Mann sicherzustellen.
Diese familienpolitischen Argumente sind zwar oberflächlich betrachtet richtig und politisch korrekt und trotzdem in ihrer Grundannahme falsch! Die Neoliberale Familienpolitik und Familienforschung geht von einem sehr materialistischen Menschenbild und Werteverständnis aus. Familien haben aber weniger Organisationsprobleme sondern Beziehungsprobleme
Was bedeutet nun Family-Mainstreaming für die Familienpolitik? Es bedeutet einen vollständigen Paradigmenwechsel!
Wir müssen uns daher über eine komplette Familienrechtsreform Gedanken machen. Ich möchte dies in 3 Themen gliedern:
1. Eherechtsreform
2. Rolle und Verantwortung der Eltern
3. Kinderrechtsreform
Nun zum ersten Thema: Eherecht
Die Buchautorin Eva Maria Zurhorst schreibt in ihrem Buch: „Liebe dich selbst“ folgendes: Die Ehe ist nicht die Geschenkpackung für eine Romanze, der wahre Sinn der Ehe ist immer die inneren Konflikte der beiden Partner ins Gleichgewicht zu bringen. Damit ist sie der Ort tiefer Heilung und der Entdeckung wahrer gebender Liebe. Philosophen behaupten, das Leben sei eine Schule. Wenn dem so ist, dann sind die intime Beziehung und die Ehe eine Art Elite-Universität. Hier stehen wir vor den schwierigsten Prüfungen, hier können wir am meisten lernen und wachsen – aber auch am meisten empfangen.
Wie wird Ehe heute gesehen? Für die einen ist Ehe eine Schokolade in einer Geschenkpackung auf die jeder Mensch ein Anrecht hat, andere wiederum sehen in der Ehe an sich einen Fehler, den man besser zu vermeiden sucht.
Eine ganze Generation hat gegen Unterdrückung und Rollenzwang in der Ehe und Familie gekämpft (noch vor 7 Jahren haben die Medien geschrieben, dass 92% der Jugendlichen gegen die Ehe sind) Nun wird die Ehe als erstrebenswerte Institution des privaten wie gesellschaftlichen Glücks gepriesen, da auch gleichgeschlechtliche Paare in den Hafen der Ehe einlaufen wollen. Genau jene fortschrittlichen Kräfte, die damals gegen die Ehe gewettert haben, fordern heute lautstark die „Ehe für alle“.
Dieser Kampf um das begehrte Eherecht lässt sich aber nie lösen, solange wir nicht die Frage stellen: Welchen Zweck hat die Ehe? Hat Ehe nur einen Selbstzweck um im Falle einer Trennung eine gerechte Güterverteilung abzusichern, oder hat die Ehe einen größeren Zweck, um Liebe und Leben zu vermehren?
Wenn die Ehe nur der Schadensbegrenzung dient, dann könnte man theoretisch über den Begriff der Homo-Ehe reden. Wenn aber die Ehe der Vermehrung von Liebe und Leben dient, dann haben Homosexuelle ein Problem! Ihre Liebesfähigkeit ist auf das eigene Geschlecht konzentriert und somit eingeschränkt. Ihre Liebe kann nicht mehr wachsen und sie können auch kein Leben weitergeben. D.h. es ist für sie unmöglich, ohne Änderung ihrer Lebensweise den Zweck der Ehe zu erfüllen.
Es wird behauptet, dass jede Liebesbeziehung gleichwertig sei. Die politische Forderung heißt: „Gleich viel Recht für gleich viel Liebe“. Dabei werden zwei entscheidende Faktoren bewusst übersehen.
1. Liebe lässt sich nicht einfordern! Eine Beziehung die nur auf einem gegenseitigen Konsens beruht, ist ein Handel und eine Beziehung die durch Überredungskunst zustande kommt, ist Manipulation.
2. Es gibt riesige Unterschiede in der Reife und Qualität der Liebesbeziehungen. Unreife, narzisstisch geprägte Liebe fordert – reife Liebe schenkt. Diese Problematik unreifer Liebe finden wir häufig in Ehen und Partnerschaften. Dann heißt es plötzlich „Wir lieben uns nicht mehr!?“, „Wir haben uns nichts mehr zu sagen!“ – Das Problem, man ist nicht mehr bereit zu geben, sondern fordert Liebe ein. Es scheint, dass wir in unserer technisierten Welt die Gesetze der Liebe vergessen haben. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass wir keine Holzöfen mehr brauchen. Jeder der einen Holzofen hat, weiß, dass er Holz nachlegen muss, damit das Feuer nicht erlischt.
Wie war es möglich dass die Ehe so entwertet wurde? Das Eherecht wurde rationalisiert, von ethisch/moralischen Standards entkoppelt und auf Minimum Bedingungen reduziert. Deshalb ist die Ehe nur mehr eine Art Lebensversicherung zur Wahrung der eigenen Interessen und Wünsche. So wurde sie ihres Sinnes beraubt.
Wir brauchen eine Eherechtsreform, welche Ehe als das definiert was es ist, eine Verbindung von Mann und Frau welche das Humanvermögen an die nächste Generation weitergibt. Ehe an sich ist kein Recht, dass wir nur einfordern müssen, sondern eine Verbindung von Mann und Frau, die wir ständig suchen müssen. Es müssen sich also moralisch/ethische Standards im Eherecht wiederfinden.
2. Rolle und Verantwortung der Eltern
Die Problematik der heutigen Familie und Gesellschaft liegt darin, dass die Eltern für die Entwicklung der Kinder und dem Wohl der Familienmitglieder als nicht mehr wichtig erachtet werden. Eltern wird großes Misstrauen entgegengebracht, sie werden als pädagogisch inkompetent dargestellt und als nicht vertrauenswürdig eingestuft.
In einem Spiegel-Artikel war einmal zu lesen: „Achtung! Eltern! – sie tun alles für ihr Kind und schaden ihm“. Hier wird pauschal den Eltern ein negativer Einfluss unterstellt.
Seit Jahrzehnten wird besonders den Frauen gesagt: „Nur du und deine Karriere ist, was im Leben zählt! Kinder sind ein Hindernis und überhaupt, für die beste Erziehung deines Kindes fehlen dir das Wissen und die notwendigen pädagogischen Fähigkeiten!“ – Damit wurde kurzerhand den Eltern die Erziehungsverantwortung und Kompetenz abgesprochen und seither kommen Eltern beim Thema Betreuung und Erziehung nicht mehr vor.
Erziehungsarbeit ist Beziehungsarbeit und Beziehung braucht Zeit, braucht Aufmerksamkeit und Investition. Und jede Mutter, jeder Vater ist fähig, diese Beziehungsarbeit zu leisten, sofern sie ihr Kind wahrhaftig und um seiner selbst willen lieben.
Auf Grund des Misstrauens den Eltern gegenüber, ist die Politik bestrebt, die Kinder so früh wie möglich von den Eltern zu trennen, um sie in staatlichen Einrichtungen betreuen zu lassen. Die Verstaatlichung der Kinderbetreuung wird der Bevölkerung als Hilfestellung für die Familien verkauft, damit diese angeblich Familie und Beruf besser vereinbaren können.
Wir brauchen wir eine Familienpolitik, welche die zentrale Rolle der Eltern für die Entwicklung der Familie anerkennt und fördert.
3. Kinderrechtsreform
Was braucht ein Kind? Bildung, Frühförderung, sexuelle Aufklärung und das neueste Handy? Wie empfindet ein Kind, das sich anhören muss, es sei ein Hindernis für die Karriere?
Ein Kind braucht Eltern! Eltern sind für das Kind die erste und wichtigste Bezugsperson. Für ein Kind ist nicht wichtig was die Eltern wissen und tun, sondern wer sie für das Kind sind – seine Eltern! Oder wie es ein Schüler im Leistungsfach Englisch formuliert hat: „All I need is love, all I get ist homework“.
Die Politik bemüht sich gute Rahmenbedingungen zu schaffen, durch qualitativ hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen. Die besten Rahmenbedingungen für die emotional/geistige Entwicklung eines Kindes werden aber durch eine stabile Beziehung der Eltern geschaffen, die dem Kind eine sichere Bindung zu seinen Eltern ermöglicht! Die Bindungsforschung hat eindeutig festgestellt, dass sich Kinder in einer sicheren und vertrauensvollen Bindung zu ihren Eltern am besten entwickeln. Kinder haben ein Recht auf Elternliebe und unsere Kinder haben nur dann eine gesicherte Zukunft, wenn wir als Eltern das Fundament für diese Zukunft schaffen.
Ich schließe mit einem Zitat des Entwicklungspsychologen Gordon Neufeld:
„Unsere Kinder brauchen uns“ und ich ergänze: „Unsere Eltern ebenso!“
Danke für ihre Aufmerksamkeit